Arthrose beim Pferd
Die wohl am meist gefürchtete Krankheit bei Pferden ist die Arthrose, da sie immer noch als unheilbar gilt. Arthrosen sind leider weit verbreitet, vor allem bei Pferden, die schon einige Jahre auf dem „Buckel“ haben und ihre Gelenke bereits einiges erlebt haben. Je nachdem wie weit die Arthrose fortgeschritten ist und welchen Einfluss diese auf dein Pferd nimmt, gibt es unterschiedliche Behandlungskonzepte, die du gemeinsam mit deinem Tierarzt ableiten kannst. Aber was steckt eigentlich genau hinter dem Begriff Arthrose und wie kannst du deinem Pferd unterstützend helfen?
Arthrosen werden in der Medizin als „chronisch-degenerative Gelenkerkrankungen“ bezeichnet. Das bedeutet: Sie bestehen über längere Zeit und gehen mit einem irreversiblen Umbau der natürlichen Gelenkstrukturen einher.
Ein Gelenk wird aus zwei oder mehr Knochen gebildet, deren äußere Konturen genau zueinander passen. Die Teile sind so geformt, dass die Bewegung zwischen ihnen leicht und reibungslos vonstattengeht. Um diese perfekte und leichtgängige Bewegung zusätzlich zu erleichtern, sind die Knochenbereiche im Gelenk mit gleitfähigem Knorpel überzogen. Zusätzlich ist das Gelenk mit einer Gleitsubstanz gefüllt, die als Synovia (Gelenkschmiere) bezeichnet wird. Diese zähflüssige, honigfarbene Gelenkschmiere funktioniert wie Getriebeöl. Damit sie nicht ausläuft, ist das Gelenk rundum von einer Kapsel umgeben.
Für die mechanische Festigkeit von Gelenken sorgen die Bänder. Sie halten die Knochen aufeinander in der richtigen Position und müssen in der Bewegung des Pferdes daher erhebliche Kräfte aushalten.
Durch vielfältige Ursachen kann dieses komplizierte Gefüge gestört werden. Dann ist die Bewegung behindert, die Gewebestrukturen werden zerstört - wie bei einer Radachse ohne Schmierfett.
Zuerst wird meist der empfindliche Knorpel abgerieben. Dadurch reibt jetzt Knochen auf Knochen, es entsteht eine fortschreitende Entzündung. Diese zieht Knochenwucherungen nach sich, sowohl auf der Gleitfläche des Gelenks als auch an seinem Rand. Im weiteren Verlauf können die Bänder in den Entzündungsprozess einbezogen werden und die Gelenkschmiere verändert sich krankhaft. Sie wird dünnflüssig und ist daher weniger effektiv. Diese Veränderungen sind ausgesprochen schmerzhaft, das erkrankte Pferd geht langanhaltend lahm. Im Endstadium der Arthrose ist keine Behandlung mehr möglich.
Ursachen von Arthrose bei Pferden
Die Ursachen von Arthrose bei Pferden sind vielfältig. Im Laufe der Zeit finden bei dieser chronisch-degenerativen Gelenkerkrankung durch die Belastung des Bewegungsapparates abbauende Prozesse statt – die Gelenke verschleißen. Daher sind häufiger ältere Pferde von Arthrose betroffen. Aber auch jüngere Pferde bleiben nicht immer von einer Arthrose verschont.
Weitere Ursachen können sein:
- Plötzliche Gelenkentzündungen (wie z.B. eine akute Arthritis in den Fesselgelenken), die nicht oder unzureichend behandelt wurden.
- Verletzungen im gesamten Bewegungsapparat wie Knochenbrüche oder Bänderrisse, die zu Überlastungen, bzw. einseitiger Belastung der Gelenke führen.
- Eine zu frühe und zu starke Belastung von Jungpferden können bereits den Grundstein für Gelenkerkrankungen setzen, die sich schleichend in den Gelenken verfestigen.
- Eine zu frühe, fehlerhafte und zu starke Belastung nach Verletzungen des Bewegungsapparates belastet die Gelenke und kann das Risiko von Arthrose erhöhen.
- Übergewicht belastet die Gelenke und kann langfristig eine schmerzhafte Entzündung auslösen.
Symptome der Arthrose sind:
- Gallen an den Gelenken oder schwammige Gelenke
- Steife: in der Bewegung sind die Gelenke stark eingeschränkt
- Lahmen, vor allem während des Entzündungsprozesses
- Dein Pferd benötigt einige Zeit zum Einlaufen und lahmt ggf. bei den ersten Schritten
- Unwilligkeit sich zu bewegen, weil die Schmerzen in den Gelenken groß sind
- Häufiges Stolpern und Bewegungen, die nicht zum normalen Bewegungsablauf passen
- Die Gelenke fühlen sich heiß an und sind geschwollen
Spat bei Pferden
Diverse entzündliche und chronische Erkrankungen am Sprunggelenk des Pferdes werden als Spat bezeichnet. Die entzündliche Erkrankung ist auch als Knochenspat bekannt und wird allgemein der Arthrose zugeordnet.
Starke Belastungen begünstigen die Entstehung von Spat, daher leiden häufig Sportpferde und ältere Pferde an der chronischen Entzündung. Aber auch Pferde mit einer angeborenen Fehlstellung der Hinterbeine gehören zu einer Risikogruppe, was z.B. bei Islandpferden der Fall ist. Eine angeborene Fehlstellung löst jedoch nicht automatisch Spat oder Arthrose aus. Wichtig ist, dass diese Fehlstellung während des Trainings beachtet wird. Auch regelmäßige Untersuchungen von einem Tierarzt sind essentiell.
Die Symptome der Erkrankung sind mit denen der Arthrose vergleichbar. Spat erkennst du an den schmerzenden Hinterbeinen, die dein Pferd womöglich entlastet und nicht stark anwinkelt. Bei einer leichten Form läuft sich dein Pferd oft schon nach 10 bis 20 Minuten ein und kann normal geritten werden. Bei einer fortgeschrittenen Entzündung verstärken sich die Symptome und die Bewegungen schmerzen stark. Die sogenannten Exostosen können im Verlauf der Entzündung auftreten. Dies sind schmerzhafte Knochenhautwucherungen in der Innenseite des Sprunggelenks.
Genau wie die Arthrose sollte der Spat von einem Tierarzt untersucht und therapiert werden. Die Therapiemöglichkeiten sind mit denen der Arthrose vergleichbar.
Therapiemöglichkeiten von Arthrose-Pferden
Bei der Diagnose durch den Tierarzt werden die Bewegungen in allen Gangarten beobachtet. Somit kann ggf. bereits festgestellt werden, welche Gelenke betroffen sind. Die Gelenke werden abgetastet und untersucht. In den meisten Fällen wird eine Beugeprobe vom Tierarzt durchgeführt, bei der ein Schmerz im Gelenk provoziert wird. Somit wird angezeigt, wo gegebenenfalls krankhafte und schmerzende Veränderungen vorliegen. Endgültige Sicherheit über eine Arthrose liefern eine Röntgenuntersuchung und sofern notwendig eine Arthroskopie (Gelenkspiegelung). Es gibt auch noch weitere Verfahren, die zur Diagnose eingesetzt werden können, wie z.B. Magnetresonanztomographie, Computertomografie oder ein Szintigramm. Aber diese Verfahren sind sehr kostenintensiv und aufwendig.
Aus der Diagnose ergeben sich unterschiedliche Therapieansätze, welche aber auch kombiniert angewendet werden können:
Therapie durch den Tierarzt
Starke Entzündungshemmer, künstliche Gelenkschmiere und in Infektionsfällen eine Antibiose sollen dem Körper helfen, die Knorpelschicht zu regenerieren, die Konsistenz der Gelenkschmiere zu verbessern und damit den Entzündungsprozess zu stoppen. Dies gelingt nur, wenn das Pferd zugleich geschont und im Anschluss vorsichtig wieder aufgebaut wird.
In manchen Fällen kommen operative Methoden zum Einsatz, wie z.B. bei einer Versteifung der Gelenke. Dies ist aber nur der letzte Ausweg in besonders schweren Fällen.
Orthopädische Hilfen durch Korrekturbeschläge können helfen, schmerzhafte Fehlstellungen zu verbessern oder erkrankte Gelenkabschnitte gezielt zu entlasten.
Weil Arthrosen an vielen Gelenken auftreten und mitunter nach einiger Zeit mehrere Gelenke befallen können, wird eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit deinem betreuenden Tierarzt empfohlen, da so die Therapie entsprechend dem Krankheitsverlauf angepasst werden kann.
Alternative Therapieansätze
Neben allgemeinmedizinischen Ansätzen zur Therapie von Arthrosen bei Pferden gibt es auch alternative Methoden, die zur Schmerzlinderung und Steigerung des Wohlbefindens des Pferdes beitragen können.
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Akkupunktur: Akkupunktur kann auch bei Pferden helfen, die Heilungsprozesse durch bessere Durchblutung des Gewebes zu erleichtern und zu aktivieren.
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Ernährung: Mit einer gezielten Fütterung kannst du den Verlauf der Arthrose nachhaltig beeinflussen. Sinnvoll sind hochwertige Öle (z.B. Leinöl) und eine ausreichende Versorgung mit Antioxidantien sowie Spurenelementen. Omega-3-Fettsäuren aus Leinöl oder neuseeländischer Grünlippmuschel können einen positiven Effekt auf Entzündungen in den Gelenken haben. In den Gelenken können freie Radikale entstehen, die das umliegende Gewebe negativ beeinflussen und sogar schädigen können. Darum ist eine Versorgung mit Antioxidantien wie Vitamin C und E sowie Selen und Zink empfehlenswert. Gerade ältere Pferde haben einen anderen Futteranspruch als jüngere. Erfahren Sie mehr in unserem Ratgeber „Alte Pferde richtig füttern“.
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Chondroprotektive Substanzen: Für die Regeneration des Knorpels im Gelenk benötigt das Pferd Glykosaminoglykane sowie Mangan und Eisen. Glykosaminoglykane können über Muschelextrakte wie z.B. von der neuseeländischen Grünlippmuschel oder über die Einzelkomponenten Chondroitinsulfat, Glucosamin oder Hyaluronsäure zugeführt werden. Durch diese Bausteine kann ein weiterer Abbau des kollagenen Bindegewebes und der Synovia (Gelenkschmiere) verhindert werden. Das betroffene Gelenk wird stabilisiert und die Regeneration der noch vorhandenen Knorpelzellen wird unterstützt.
- Kräuter: Kräuter können auf natürliche Weise eine Entzündung in den Gelenken mildern. So können Schmerzen gelindert werden, die Durchblutung verbessert sich und der Abtransport von Giftstoffen wird gefördert. Gut verträgliche Gelenkkräuter sind z.B. Weidenrinde, Ulmenspierkraut, Teufelskralle, Huflattich, Beinwell, Goldrute und Ingwer. Auch bei gelenkempfindlichen Pferden ist es generell ratsam, vorbeugend gelenkwirksame Kräutermischungen zu füttern. Wenn du dir bei Kräutermischungen oder anderen homöopathischen Arzneimitteln nicht sicher bist, wende dich am besten an einen erfahrenen Therapeuten. Die Behandlung kann dann individuell auf dein Pferd ausgerichtet und dosiert werden
Tipps für Pferde mit Arthrose
Um deinem Pferd mit Arthrose den Alltag so angenehm wie möglich zu gestalten und positiv der Gelenkkrankheit entgegen zu wirken, empfehlen sich folgende Tipps:
- Für Arthrose-Pferde ist ein schützender, trockener Unterstand bei nasskaltem Wetter ganz besonders wichtig. Gerade bei diesen Wetterverhältnissen ist die Durchblutung des Bindegewebes und der Muskulatur deutlich schlechter, was die Schmerzen verstärken kann.
- Deinem (älteren) Pferd tut die Gesellschaft von einer ruhigen, homogenen, friedlichen Gruppe gut. So hat es zum einen weiterhin soziale Gesellschaft und wird zum anderen aber nicht von den „Jungspunden“ gejagt oder geärgert.
- Alte und kranke Pferde steigen in der Rangfolge der Herde oft ab. Sie müssen daher nach Bedarf über Nacht ihre eigene Box oder ihren eigenen Auslauf haben, damit sie in Ruhe liegen und fressen können.
- Eine besonders weiche, warme Einstreu wird empfohlen. Dicke, gut gepolsterte Stallbandagen machen kalte Winternächte bei arthritischen Beinen komfortabler.
- Nutze Wärme um den Schmerz an den Gelenken zu lindern. Spezielle wärmende Salben sind für alle Gelenke geeignet, Spat-Gamaschen bringen Wärme an das Sprunggelenk.
- Holprige Weiden, gefrorener Matsch und tiefer Morast schaden jedem Pferd – dem alten Arthrosepferd jedoch besonders. Sorge für eine intakte sowie geschlossene Grasnarbe und bewirtschafte die Pferdeweide optimal.
- Hat dein Pferd ein paar Kilos zu viel auf den Rippen, sollte es unbedingt abspecken. Übergewicht ist eine zusätzliche Belastung für den gesamten Bewegungsapparat deines Pferdes. Unser Pavo InShape Programm kann dich und dein Pferd beim gesunden und verantwortungsvollen Abnehmen unterstützen. Du erhältst essentielle Tipps für die 3 Säulen des Abnehmens: Fütterung, Haltung und Bewegung.
- Auch wenn Bewegung für das Pferd schmerzhaft ist, so ist sie dennoch sehr wichtig, um die Durchblutung aufrecht zu erhalten und die Knorpelgewebe mit Nährstoffen zu versorgen. Ein offener Weidestall oder viel Weidegang ermöglichen dem Pferd freie Bewegung ohne enge Wendungen.
- Durch tägliche, angepasste Bewegungseinheiten werden die Gelenke natürlich geschmiert und der Kreislauf des Pferdes wird angeregt. Wärme dein Pferd hierfür im Schritt mindestens 10 bis 15 Minuten auf. Vermeide abrupte Wendungen, Richtungswechsel, Stopps und Spins. Auf eine anstrengende Arbeit mit Cavaletti und Sprünge solltest du verzichten.
- Vorsicht bei der Hufpflege: Die Beine lassen sich aus Schmerz oft nicht mehr so hoch nehmen wie früher. Nimm darauf unbedingt Rücksicht und besprich dies auch mit deinem Hufschmied.
- Unterstütze die Produktion von Gelenkflüssigkeit mit speziellem Ergänzungsfutter.
Grundsätzlich ist es sicher gut, ein altes, arthritisches Pferd nicht einfach ohne weitere Aufgabe „wegzustellen“, sondern es auch weiterhin mit angemessener Bodenarbeit und anderer Abwechslung sinnvoll zu beschäftigen. So kannst du die Lebensqualität deines Pferdes bestmöglich erhalten.
Wenn du alten, nicht mehr reitbaren Pferden trotz Arthrosen das Gnadenbrot gewährst, dann gibt es einige Grundsätze, die du immer im Auge behalten solltest: Solange das „Gnadenbrotpferd“ noch sichtbar Freude am Leben zeigt und Anteil an seiner Umwelt nimmt, kann es mit Arthrosen gut zurechtkommen. Die schmerzhafte Steifheit am Morgen kann durch eine möglichst bewegungsintensive Haltung (Weide im Sommer, Auslauf im Winter) positiv beeinflusst werden.
Allerdings solltest du dich auch immer wieder kritisch fragen, inwieweit der Grad der Lahmheit deines Pferdes ein tierschutzgerechtes Pferdeleben mit ausreichend Lebensqualität zulässt. Um dies beurteilen zu können, stimme dich eng mit deinem Tierarzt und vertrauten Reiterfreunden ab und entscheide dann im Sinne deines Pferdes.
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