Kissing Spines – Wirbelsäulenkrankheit bei Pferden
Kissing Spines bedeutet auf Deutsch „küssende Dornfortsätze“ und beschreibt eine immer häufiger diagnostizierte Wirbelsäulenkrankheit bei Pferden. Beim Kissing Spines Syndrom nähern sich die Dornfortsätze der Rückenwirbel einander immer weiter an bis sie sich berühren, schmerzhaft aneinander reiben und in extremen Fällen sogar überkreuzen oder überlappen. Zudem können Entzündungen zwischen den einzelnen Wirbeln sowie knöcherne Zubildungen entstehen. Besonders eine frühe Diagnose ist entscheidend, um dem Fortschreiten der Krankheit entgegen zu wirken und deinem Pferd starke Schmerzen zu ersparen. Für dich als Pferdebesitzer ist es daher also sehr wichtig zu wissen, welche Ursachen Kissing Spines hat, welche Symptome typisch sind und was zu tun ist, falls dein Pferd doch am Kissing Spines Syndrom erkrankt.
Ursachen von Kissing Spines bei Pferden
Häufig ist falsches Reiten oder auch eine falsche Ausbildung die Ursache von Kissing Spines. In manchen Fällen wird der Pferderücken z.B. zu schnell durch Reitergewicht „belastet“, ohne vorher eine ausreichende Bemuskelung aufgebaut zu haben. Gerade jungen Pferden in der Ausbildung bleibt so wenig Zeit für eine gute Entwicklung des Knochengerüsts und der Muskulatur. Besonders die Rückenmuskulatur hat einen sehr großen Einfluss auf den gesamten Bewegungsapparat des Pferdes und trägt einen großen Teil des Knochengerüsts. Setzt du dich beispielsweise auf den Rücken deines Pferdes, gibt seine Wirbelsäule zunächst erst einmal nach. Damit dein Pferd nun in der Lage ist, dein Gewicht gesund zu tragen, muss es seinen langen Rückenmuskel anspannen. Ist die Rückenmuskulatur jedoch nicht stark genug oder verspannt, ist auch das Anspannen des Muskels nicht möglich. Dies hat zur Folge, dass dein Pferd nicht aktiv mit der Hinterhand unter den Schwerpunkt treten kann und seinen Rücken nach unten wegdrückt, anstatt ihn rund zu machen. Diese Fehlbelastung führt dann dazu, dass sich die einzelnen Dornfortsätze der Wirbelsäule immer weiter annähern, bis sie schmerzhaft aneinander reiben oder sogar überlappen. Bleibt es dauerhaft bei dieser Fehlbelastung, entzündet der Rückenmuskel. Ist der Muskel entzündet, kann er mit der Zeit schwinden, was dazu führt, dass die empfindliche Wirbelsäule ihren wertvollen Schutz verliert. Reitest du dein Pferd nun, spürt es diese Belastung sozusagen direkt auf seinen Knochen. Besonders der 12.-18. Wirbel sind anfällig für das Kissing Spines Syndrom, da der Abstand zwischen diesen sehr gering ist. Zudem liegen diese Rückenwirbel direkt unterm Sattel, weswegen sie oft zusätzlich belastet werden.
Welche Symptome deuten auf Kissing Spines bei deinem Pferd hin?
Folgende Symptome können auf eine Kissing Spines Erkrankung hinweisen:
- Sensibilität beim Abtasten des Rückens
- Lahmheit
- Steifheit
- Stockende Übergänge
- Inaktive Hinterhand
- Schwerfällige oder keine Anlehnung
- Probleme in der Versammlung
- Kein „über den Rücken reiten“
- Verweigerung vorm Sprung
- Dein Pferd kann sich nicht „in die Tiefe dehnen“
- Taktfehler
- Häufiges Umspringen im Galopp
- Häufiger Kreuzgalopp
- Unterm Sattel bocken oder „weglaufen“
Kannst du Kissing Spines schon in frühen Jahren (oder beim Kauf) erkennen?
Kissing Spines lässt sich in der Regel nicht verfrüht erkennen. Allerdings gibt es Vermutungen, dass die Anfälligkeit für diese Krankheit vererbt werden kann. So gelten beispielswiese Jungpferde mit eng aneinander stehenden Dornfortsätzen als anfälliger für Kissing Spines. Auch Pferde, deren Rückenmuskulatur beispielsweise durch einen Sturz beschädigt ist, gelten als gefährdeter. Generell empfiehlt es sich, ein neues Pferd unmittelbar nach dem Kauf einmal von deinem Tierarzt durchchecken zu lassen, bevor du beginnst mit ihm zu arbeiten. Stellt der Tierarzt dann z.B. erhöhte Blutwerte fest, kann dies auf Muskelverspannungen hinweisen. Diese gilt es dann schnell zu lösen, damit der Rücken deines Pferdes wieder locker wird, seine Muskeln geschmeidig bleiben und somit ein korrektes Reiten über den Rücken möglich ist.
Ob dein Pferd an „Kissing Spines“ leidet, kann dein Tierarzt mit Hilfe eines Röntgenbilds feststellen. Das Röntgenbild zeigt dann, ob eine Erkrankung an der Wirbelsäule vorliegt und wenn ja, in welchem Stadium sich diese befindet. In manchen Fällen ist außerdem eine Szintigraphie sinnvoll, um eventuelle Fehlbildungen zu erkennen. Der Tierarzt schaut sich hier das Körpergewebe deines Pferdes an und bekommt so einen noch genaueren Einblick über das aktuelle Krankheitsstadium. Außerdem ist eine Begutachtung des Ganges deines Pferdes mit und ohne Reiter empfehlenswert, um herauszufinden, welche Fehlhaltung Kissing Spines begünstigt und wie du diese vermeiden kannst.
Behandlung von Pferden mit Kissing Spines
Besonders nach der ersten Diagnose benötigen viele Pferde entzündungshemmende Mittel, um wieder schmerzfrei im Rücken zu werden. Auch korrekt gestellte Hufe und ein, wenn nötig, passender Beschlag sind wichtig, damit der Pferderücken nicht falsch belastet wird. Außerdem bietet sich eine Osteopathie an, um Blockaden im Bewegungsapparat zu lösen. Sei allerdings darauf vorbereitet, dass gerade die erste Behandlung für viele Pferde mit Kissing Spines sehr schmerzhaft sein kann. Möchtest du deinem Pferd selbst etwas Gutes tun, empfehlen sich gezielte Gymnastikübungen vom Boden. Dein Osteopath zeigt dir sicher gerne, welche Übungen deinem Pferd besonders zugutekommen und wie du diese korrekt ausführst. Auch wohltuende Massagen eignen sich, um deinem Pferd zu helfen und erste Verspannungen zu lösen.
Ist dein Pferd wieder schmerzfrei und korrekt eingestellt, geht es ans Muskelaufbautraining. Hier empfiehlt sich besonders das Training an der Longe oder über die Handarbeit. Im Aufbautraining liegt der Fokus nun auf der Losgelassenheit im Pferderücken. Ist dein Pferd losgelassen, kennt es die richtige Balance aus unverkrampfter Muskelanspannung und Muskelentspannung. Sein Rücken schwingt bei gleichmäßig taktvollen Bewegungen, die Hinterhand ist aktiv und der Hals wird in einer Vorwärts-Abwärtshaltung gedehnt. Besonders wichtig ist, dass die Rückenmuskulatur entspannt und locker ist. Denn nur so kann sie effektiv von deinem Pferd eingesetzt werden und später auch das Reitergewicht gesund tragen.
Essentiell für eine gesunde Rückenmuskulatur ist auch ihr Gegenspieler: die Bauchmuskulatur. Die Bauchmuskulatur dient dem Rücken deines Pferdes als Stütze, hebt diesen an und trägt so einen Teil des Knochengerüsts mit. Sind die Bauchmuskeln deines Pferdes zu schwach und können nicht kontrahieren, lässt es seinen Rücken durchhängen. Unter diesen Umständen ist es deinem Pferd nicht möglich, seinen Rücken aufzuwölben und die Hinterhand zu aktivieren. Starke Bauchmuskeln sind also unumgänglich, um eine Fehlbelastung des Pferderückens zu vermeiden. Gute Übungen, um die Bauchmuskulatur deines Pferdes zu stärken sind Stangenarbeit, Bergauf und Bergab gehen, saubere Übergänge und korrekt ausgeführte Seitengänge.
Auch das Bewegen in Dehnungshaltung ist ein äußerst wichtiger Faktor für einen gesunden Pferderücken. In einer gesunden Vorwärts-Abwärts Bewegung wird dein Pferd dazu verleitet, seinen Rücken rund zu machen und das lange Nacken- und Rückenband zu dehnen. So werden die Wirbel und Dornfortsätze auseinandergezogen und die Rückengesundheit deines Pferdes gefördert. Rückwärts richten am Hang und regelmäßige Dehnübungen sind ebenfalls sehr gute Lektionen, um den Rücken deines Pferdes zu stärken.
Ist mein Pferd mit Kissing Spines noch reitbar?
Die gute Nachricht vorweg: Pferde mit Kissing Spines sind häufig noch reitbar. Sogar ein paar hocherfolgreiche Sportpferde sind vom Kissing Spines Syndrom betroffen. Bewegung ist sogar ein sehr wichtiger Teil des Genesungsprozesses der Pferdemuskeln und verhindert so, dass die Krankheit weiter fortschreiten kann. Es empfiehlt sich allerdings zuerst an der Longe zu arbeiten, bis dein Pferd Muskeln aufgebaut hat und losgelassen geht. Erst wenn dein Pferd dazu in der Lage ist, den Rücken rund zu machen, kann es das Reitergewicht gesund tragen. Außerdem ist es ratsam, die Sattelpassform kontrollieren zu lassen, bevor du wieder mit dem Reiten anfängst, um unangenehmen Satteldruck zu vermeiden. Zurück auf dem Pferd gilt es dann darauf zu achten, dass du dein Pferd losgelassen über den Rücken reitest. Gute Übungen, um die Losgelassenheit zu fördern, sind z.B. Seitengänge, Biegungen und Übergänge.
Auch wenn dein Pferd schmerzfrei ist und es wieder geritten werden darf, ist es weiterhin sehr sinnvoll, es mit gezielten Gymnastikübungen zu unterstützen. Hierzu zählt beispielsweise das Dehnen der Hinter- und der Vorderbeine oder das Dehnen des Halses. Um den Hals deines Pferdes zu dehnen, kannst du ganz einfach den „Mohrrüben-Trick“ anwenden. Stelle dich hierfür mit einer Mohrrübe z.B. seitlich an die Schulter deines Pferdes und bringe es dazu, seinen Hals mit nach unten gestreckten Kopf in Richtung Hinterhand zu drehen. Korrekt ausgeführt unterstützt diese Übung die Mobilität der Wirbelsäule. Hat dein Pferd allerdings eine Blockade im Hals, ist es gut möglich, dass es den Hals abknickt und die Übung falsch ausführt, ohne dass du sofort etwas davon merkst. Stimme dich daher am besten im Vorfeld mit deinem Osteopathen ab, um herauszufinden, welche Übungen für den aktuellen Zustand deines Pferdes am besten geeignet sind und woran du typische Fehler erkennst.
Tipps zur Fütterung von Pferden mit Kissing Spines
Generell sollte die Fütterung eines jeden Pferdes aus ausreichend qualitativ hochwertigem Raufutter bestehen und auf seine individuellen Bedürfnisse angepasst sein.Daher kommt es auch bei der Fütterung eines Pferdes welches unter dem Kissing Spines Syndrom leidet, auf den aktuellen Zustand und die Arbeitsintensität an.
- Die Diagnose „Kissing Spines“ wurde gerade erst erteilt und dein Pferd wird aktuell nicht bewegt?
Dann genügt eine Futterration aus ausreichend Raufutter und einem guten Mineralfutter, um den täglichen Nährstoffbedarf deines Pferdes zu decken. Möchtest du deinem Pferd dennoch ein Kraftfutter füttern, um z.B. Futterneid zu vermeiden, eignen sich getreide- und melassefreie Futtersorten mit wenig Stärke, Zucker und Energie.
- Du startest gerade das Muskelaufbautraining mit deinem Pferd?
In diesem Fall benötigt dein Pferd ausreichend gutes Raufutter und ggfs. ein leichtes Kraftfutter, dessen Menge je nach Arbeitsintensität variiert werden kann. Speziell für den Trainingsbeginn, eignen sich Ergänzungsfuttermittel mit essentiellen Aminosäuren wie Lysin und Vitamin D3, um den Muskelaufbau zu fördern und Muskelermüdung vorzubeugen. Ist dein Pferd außerdem zu dünn? Eine hochwertige Raufuttermischung aus Luzerne, Soja und Spurfasern bringt dein Pferd wieder in einen guten Konditionszustand.
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Du fängst wieder an zu Reiten?
Auch in diesem Fall ist ausreichend gutes Raufutter das A und O der Pferdefütterung und unbedingt notwendig, um dein Pferd gesund zu erhalten. Für ein Freizeitpferd, das leichte bis mittlere Arbeit verrichtet, empfiehlt es sich, weiterhin ein getreide- und zuckerreduziertes Müsli zu füttern, um seinen Bedarf an Nährstoffen zu decken. Dein Pferd erhält weniger als 1,5kg Kraftfutter pro Tag? Ergänze dann Vitamine und Mineralien durch ein Mineralfutter.
Sportpferde, die schwere Arbeit erbringen, benötigen neben dem Raufutter ein zusätzliches Kraftfutter mit einem hohen Energiewert. Energieträger wie Öl oder Getreide sorgen dafür, dass dein Pferd Leistungen auf höchstem Niveau erbringen kann. Zusätzlich ist es besonders für Sportpferde wichtig, den Abtransport von Abfallstoffen in den Muskeln zu fördern, um Muskelsteifheit und Muskelübersäuerung vorzubeugen. Hier empfehlen sich Ergänzungsfuttermittel mit Magnesium, Selen und natürlichem Vitamin E, um die Muskeln deines Pferdes geschmeidig und locker zu halten.
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