Pferdefutter bei Zahnproblemen
Auch wenn du jeden Tag mit deinem Pferd genießt und es für dich wie ein „Geschenk“ ist, so nehme das Sprichwort „einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ nicht wörtlich. Wie die Hände des Menschen so verraten die Zähne das ungefähre Alter des Pferdes. Außerdem sagen Pferdezähne viel über seine Gesundheit aus. Ein regelmäßiger Blick ins Maul ist also durchaus empfehlenswert. Dein Pferd nimmt mit den Zähnen nicht nur das Futter auf, sondern bereitet dies mit seinen gleichmäßigen Kaubewegungen sorgfältig für eine gesunde Verdauung vor. Ganz unterschiedliche Zahnprobleme sowie fehlende Zähne führen schnell zu Fütterungsproblemen – spezielles Pferdefutter ist dann gefragt.
Wie ist ein Pferdegebiss aufgebaut?
Ein gesundes und erwachsenes Pferd hat zwischen 36 und 44 Zähne im Maul, die sich im Ober- und Unterkiefer wie folgt gleichmäßig aufteilen:
- 12 Schneidezähne (Inzisivi)
- 12 vordere Backenzähne (Praemolare)
- 12 hintere Backenzähne (Molare)
- Zwischen den Schneidezähnen und den Backenzähnen befindet sich eine große Lücke
- 0-4 Hengstzähne
- Die meisten Hengste und Wallache besitzen im Ober- und Unterkiefer je 2 Hengstzähne (Caninus). Diese sind manchmal sogar auch bei Stuten zu finden.
- 0-4 Wolfszähne
Wie funktioniert ein Pferdegebiss?
Der Pferdezahn hat im Alter von 6-8 Jahren seine volle Länge von bis zu 12cm erreicht. Der Zahn wird beim Pferd im Laufe des Lebens kontinuierlich abgerieben. Pro Jahr sind das etwa 2-4mm und wird gleichzeitig aus dem Zahnfach nachgeschoben. Deswegen scheint der Zahn lebenslang zu „wachsen“. In Wirklichkeit wird allerdings durch das herausschieben des Zahns die Wurzel entsprechend kürzer.
Pferde, die ein natürliches Fressverhalten erfahren dürfen, sind ca. 16 bis 18 Stunden mit Fressen, vorzugsweise mit Raufutter, beschäftigt. Dabei werden Gras oder Raufutter aufgenommen, welche mit einer vollständigen Kaubewegung über die gesamte Kaufläche hinweg gründlich zermahlt werden. Sowohl die Schneidezähne als auch die Backenzähne unterliegen so dem Prinzip von Abrieb und Nachschub. Das Gebiss wird gleichmäßig belastet und ist in Balance.
Wenn Pferdezähne Probleme machen
In vielen Fällen der Pferdehaltung ist das Zusammenspiel von Abrieb und Nachschub aus dem Gleichgewicht geraten. Die Fütterung besteht oft nur aus 2-3x Mahlzeiten täglich, wobei das Futter in nur kurzer Zeit aufgenommen wird. Hierdurch entfällt der lange, gründliche Kauprozess. Durch den verkürzten Kauschlag nutzen sich die Pferdezähne weniger und auch fehlerhaft ab. Es kommt zur Bildung scharfer Kanten.
Wenn dein Pferd älter wird, verändern sich außerdem Form und Winkel der Schneidezähne und die Backenzähne verschleißen langsamer. Bis im hohen Alter bleiben dann meistens nur noch die Wurzelreste übrig. Grobes, hartes und auch stark faserhaltiges Futter kann dann nur noch schlecht oder gar nicht mehr gekaut werden. Beim älteren Pferd kann man auch regelmäßig beobachten, dass die Backenzähne locker sitzen, was beim Fressen zusätzliche Probleme durch die Kaubewegungen verursachen kann.
Achte daher bei älteren Pferden besonders darauf, ob sie ihr Futter gut kauen und ausreichend verwerten können. Gerade Senioren haben einen erhöhten Nährstoffbedarf und leiden gleichzeitig häufig unter Zahnproblemen. Eine schlechte Futterverwertung kann dann schnell zu einem Mangel an Phosphor und Magnesium (Mineralstoffe), Zink und Selen oder Vitamin B, K und C führen. Wie du alte Pferde richtig fütterst erfährst du in unserem „Senioren-Ratgeber“.
Hinweise auf Zahnprobleme
- Unverdautes Futter im Kot
- Bildung von Heuknäulen beim Fressen, die das Pferd beim Fressen wieder ausspuckt statt herunterzuschlucken
- Futter fällt grundsätzlich regelmäßig wieder aus dem Maul
- Sehr langsames und bedachtes Fressen
- Scheinbare Appetitlosigkeit
- Schlechter Geruch aus dem Maul
- Verletzungen im Pferdemaul (Zunge und Backen)
- Eitriger Ausfluss aus den Nüstern
- Gewichtsverlust
3 spezifische Zahnprobleme bei Pferden
Zahnprobleme bei Pferden sind vielfältig und treten in ganz unterschiedlichen Formen auf. Die folgenden 3 Zahnerkrankungen treten bei Pferden häufiger auf:
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Karies
Auch Pferde können Karies bekommen, leiden daran aber nicht so häufig wie wir Menschen. Durch verschiedene Faktoren kommt es auf der Zahnoberfläche zu einer Demineralisierung, so dass ein oft dunkelbraunes bis schwarzes Loch auf der Zahnoberfläche entsteht. Je stärker Karies sich ausbreitet, desto schmerzhafter wird diese Zahnerkrankung, da sie auch das empfindliche Zahnbein angreifen kann.
Ursachen
Karies bei Pferden entsteht, wenn der Zahnschmelz durch Säurebildung angegriffen wird. Dies geschieht durch Bakterien, die Zucker und Kohlenhydrate aus dem Futter in Säure verstoffwechseln. Zu viel Zucker und Kohlenhydrate im Futter sorgen für eine erhöhte Säureproduktion und das Karies-Risiko steigt. Darüber hinaus kann eine fehlerhafte Mineralstoffversorgung eine Karieserkrankung begünstigen. Calcium, Magnesium und die Spurenelemente Zink, Kupfer und Mangan sind für die Zähne essentiell.
Symptome
Kleine Löcher durch Karies schmerzen nicht. Größere Entzündungen können starke Schmerzen auslösen und zu einer Zahninfektion mit Eiterbildung führen.
Behandlung
Leichte Karieserkrankungen und kleine Löcher sind tragbar und beeinträchtigen das Pferd nicht. Du kannst darüber nachdenken, ein Zahn in einem frühen Stadium durch einen Tierarzt behandeln zu lassen. Dieser wird den betroffenen Zahn aufbohren und versiegeln. Breitet sich der Karies aus, muss der betroffene Zahn möglicherweise gezogen werden.
Vorbeugung
Verzichte auf stark zuckerhaltige sowie kohlenhydratreiche Futter und füttere süße Leckerlis nur in Maßen. Mineralfuttermittel unterstützen die Mineralisierung der Zähne.
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Parodontitis
Eine Entzündung des gesamten Zahnapparates wird als Parodontitis bezeichnet. Der Zahn bleibt dabei intakt, aber das Gewebe um den Zahn ist erkrankt. Es kommt zu Zahnfleischentzündungen und zur Lockerung der Zähne, da das Zahnfleisch seine gesunde Kraft verliert. Schwerwiegende Parodontosen breiten sich auf den gesamten Kieferknochen des Pferdes aus und können zu Zahnverlust führen.
Ursachen
Eine Parodontitis wird von Bakterien ausgelöst, die über eine sogenannte Futtereinspeisung in den Mundraum geraten. Kleine Futterpartikel bleiben in den Zahnzwischenräumen hängen, fangen an zu gären und bieten einen Nährboden für Bakterien. Als Folge entsteht die Entzündung.
Symptome
Leichte Parodontosen werden häufig nur von einem Tierarzt nach einer gründlichen Untersuchung des Mundraumes entdeckt, da ein Pferd selten spezifische Symptome zeigt und normal fressen kann. Bei schwerwiegender Parodontitis tritt Gewichtsverlust und Mundgeruch auf. Auch Zahnfleischblutungen häufen sich im Laufe der Erkrankung.
Behandlung
Die Zahnzwischenträume werden als erstes von einem Tierzahnarzt bereinigt, sodass die Bakterienherde sich nicht weiter im Pferdemaul ausbreiten können. Die Entzündungen werden darüber hinaus mit speziellen Medikamenten gelindert. Es kann passieren, dass einige Zähne gezogen werden müssen, da sie im Zahnfleisch keinen Halt mehr besitzen.
Vorbeugung
Eine Fütterung von eingeweichtem Heu oder feuchtem Futtermittel verringert das Risiko, dass sich das Futter in den Zahnzwischenräumen einlagert und gärt. Regelmäßige Zahnbehandlungen und Zahnreinigungen können Parodontitis bei Pferden vorbeugen.
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EOTRH
EOTRH steht für Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis und bezeichnet eine sehr schmerzhafte Entzündung des Zahnapparates und Zahnfleisches der Schneide- und Hakenzähne. Die Erkrankung ist mit Parodontitis vergleichbar, allerdings ist EOTRH oft schmerzvoller und kann im schwerwiegenden Fällen dazu führen, dass sich die Zahnhartsubstanz vollkommen auflöst und sich das Zahnfleisch stark zurückbildet. Vermehrt sind Pferde ab dem 15. Lebensjahr von der Erkrankung betroffen.
Ursachen
EOTRH ist noch eine recht neuartige Erkrankung und die Ursachenforschung ist im vollem Gange. Die genauen Ursachen sind ungeklärt. Es wird die These aufgestellt, dass die Knochenhärte ein auslösender Faktor sein soll. Lange und harte Zähne drücken den Kiefer stark zusammen und lösen so die Entzündung aus. Besonders Robustpferderassen wie Islandpferde besitzen eine starke Knochenhärte und sind häufiger von EOTRH betroffen.
Ferner werden das Alter, eine genetische Veranlagung und ein Calciummangel als mögliche Ursachen genannt.
Symptome
EOTRH zeigt sich durch eine deutliche Zahnsteinbildung an den Schneidezähnen. Durch die Erkrankung zeigen sich beim Pferd Probleme beim Fressen und ein starker Gewichtsverlust. Im Krankheitsverlauf weicht das Zahnfleisch zurück. Dadurch wirken die Zähne extrem lang und stehen in steilen Winkeln zueinander.
Behandlung
Eine genaue Untersuchung und Diagnose durch einen fachkundigen Tierarzt ist essentiell. EOTRH kann nicht vollständig geheilt werden, aber durch das Entfernen des Zahnsteins und einer Medikamentenzugabe wird der Rückgang der Zahnhartsubstanz verlangsamt.
In einem späten Stadium der Krankheit kann es passieren, dass die Schneidezähne des Pferdes gezogen werden müssen. Für viele Pferdebesitzer ist dies ein erster Schock, aber ohne die schmerzhaften Zähne wird es deinem Pferd viel besser gehen.
Da die EOTRH noch recht unerforscht ist, gibt es keine gezielten Therapiemaßnahmen.
Vorbeugung
Da die definitiven Auslöser von EOTRH bis heute nicht bekannt sind, können keine konkreten Tipps zur Vorbeugung gegeben werden. Wichtig sind regelmäßige Kontrollen durch deinen Tierarzt und ein eventuelles Kürzen der Schneidezähne. Bei einer rechtzeitigen Erkennung von EOTRH können die Zähne länger erhalten bleiben.
Warum Zahnpflege bei Pferden so wichtig ist
Nicht perfekt aufeinanderpassende Zähne verursachen Störungen in der Kaubewegung. Neben der Verletzungsgefahr durch scharfe Kanten, wird auch das Fressen für dein Pferd anstrengender und das Futter kann nur sehr schlecht oder gar nicht mehr verwertet werden. Manche Zahnprobleme können rechtzeitig erkannt und behoben werden, manche sind aufgrund des Alterungsprozesses unumgänglich und entsprechen dem Lauf der Zeit. In diesen Fällen ist eine spezielle Fütterung deines Pferdes erforderlich, um seine Gesundheit erhalten zu können.
Schon gewusst? Nicht nur die Futterverwertung, sondern auch die Rittigkeit deines Pferdes wird durch die Qualität der Zähne beeinflusst.
Lasse die Zähne deines Pferdes daher 1-2x jährlich von einem Pferdezahnarzt kontrollieren, um Verschlechterungen der Schneide- und Kauflächen frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können. Probleme können minimiert werden, wenn diese Flächen nur einige Millimeter groß sind. Bei häufigen Kontroll-Versäumnissen können kleine Abweichungen über die Jahre zu großen Problemen auswachsen, bis hin zu einer Störung des Kauprozesses und Verletzungen an den Weichteilen im Pferdemaul.
Fütterungstipps für Pferde mit Zahnproblemen
Gute Zähne sind das A und O für eine gute Futterverwertung. Sollten die Zähne deines Pferdes aufgrund von Problemen oder aber auch schlichtweg durch den Alterungsprozess in ihrer Funktionalität langfristig eingeschränkt sein, kannst du dein Pferd mit einer angepassten Fütterung sehr gut unterstützen, so dass ein guter Gesundheitszustand beibehalten werden kann.
Leicht verdauliches Futter
Eine Hilfe für dein Pferd ist die Bereitstellung von leicht verdaulichem Futter. Expandierte Pellets und Müslisorten mit viel gepufften Inhaltsstoffen sind aufgrund ihrer Verarbeitung leichter verdaulich. Sie sind sozusagen „maschinell vorgekaut", weshalb das Pferd die Nährstoffe über den Dünndarm einfach aufnimmt. Die Gefahr einer Kolik ist aufgrund dieser Vorarbeit geringer als bei unbearbeitetem Futter.
Raufutter berücksichtigen
Pferde mit schlechten Zähnen und eingeschränkter Kaufunktion profitieren von einer Kombination aus schnell und langsam verdaulichen Ballaststoffen. Meistens enthält weniger grobes Heu beide Ballaststoffe. Je mehr Stängel das Heu aufweist, desto langsamer wird es verdaut. Für Pferde mit schlechten oder wenig Zähnen sind daher meist feines Heu, Heulage oder Gras besser geeignet.
Angefeuchtetes und trockenes Futter
Pferde mit Zahnproblemen nehmen Raufutter weniger gut auf. In diesem Fall ist es erforderlich einen Raufutter-Ersatz anzubieten. Die entzuckerten Rübenschnitzel Pavo SpeediBeet und Pavo FibreBeet sind randvoll mit gesunden Ballaststoffen und eignen sich, da sie eingweicht verfüttert werden, hervorragend für Pferde mit Zahnproblemen. In Kombination mit Pavo 18Plus ist dies das ideale Futter für Senioren mit einem schlechten Gebiss. Die kleinen Pellets in Pavo 18Plus fallen beim Einweichen problemlos auseinander. Sollte dein Pferd kein Heu als Raufutter mehr fressen können, so sollte diese Fehlmenge durch eingeweichte Heucobs ersetzt werden.
Fütterungs-Tipps:
Weiche Kraftfutter grundsätzlich in warmen Wasser ein und verteile die täglichen Futterrationen auf so viele kleine Portionen wie möglich.
Empfehlung: Gebe deinem Pferd 4-5 kg Pavo 18Plus (über mehrere kleine Portionen pro Tag verteilt) und verrühre dies im Verhältnis 1:1 (genauso viel Wasser wie Futter) mit Wasser zu einem Mash. Du kannst warmes oder kaltes Wasser verwenden. Lasse das Futter vor dem Füttern mindestens 15 Minuten stehen.
Gebe deinem Pferd hauptsächlich weiches Gras oder Heu. Sollte eine Raufütterung nicht mehr möglich sein, nutze einen hochwertigen Raufutterersatz.
Empfehlung: Mische das Mash mit einem Raufutterersatzprodukt, wie eingeweichtes Pavo SpeediBeet oder Pavo FibreBeet (maximal 400g pro 100kg Körpergewicht) und/oder Pavo DailyPlus und/oder eingeweichte Pavo FibreNuggets unter das Mash mischen (dies kannst du uneingeschränkt füttern, denn es hat die gleiche Zusammensetzung wie hochwertiges Heu).
Gebe deinem Pferd mit Zahnproblemen außerdem zur Unterstützung des Immunsystems und der Gesundheit einen Vitamin- und Mineralzusatz.
Empfehlung: Wenn du mehr als 300g/100kg Körpergewicht an Rübenschnitzeln pro Tag als Raufutterersatz fütterst, ergänze dies mit 40g/100kg Körpergewicht Kleie pro Tag. Dies sorgt für ein optimales Ca/P (Calcium/Phosphor-Verhältnis) in der Futterration.
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